In der Sport- und Unterhaltungsbranche gewinnt ökologische Verantwortung an Bedeutung, auch für Fußballclubs. Fußballevents sind nicht nur sportliche und emotionale Erlebnisse, sondern erfordern von Veranstaltern und allen Beteiligten auch die Bereitschaft, gesellschaftliche Verantwortung für Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu übernehmen. Die CO2 Bilanzierung im deutschen Profifußball ist dabei ein aufkommendes Thema.
Im Interview sprechen wir mit unserem Kollegen Jan Konietzko über die Partnerschaft zwischen Cognizant und EintrachtTech. Als Partner in den Bereichen "Arena of IoT", digitale Plattformen und EintrachtDigital setzen sie sich für eine Verbesserung der CO2 Bilanz ein. Der erste Schritt besteht darin, die CO2 Emissionen zu messen und zu erfassen. Dabei zeigt sich, dass ein Fußballclub wie Eintracht Frankfurt mit einer Vielzahl von Emissionsquellen konfrontiert ist.
Wie bewertest du die Entwicklung hin zur verpflichtenden Erstellung einer CO2 Bilanz im Deutschen Profifußball?
Die Erstellung einer CO2 Bilanz ist absolut notwendig, um auch im Deutschen Fußball und bei Events allgemein von punktuellen Maßnahmen und groben Annahmen hin zu einer klaren und regelmäßigen Messbarkeit zu kommen.
Wichtig ist allerdings, dass die Fußballclubs einheitlich bilanzieren. Denn es gibt aktuell keine detaillierten Vorgaben, nach denen die Bilanz der Clubs im Detail erstellt werden muss, z.B. was die Berechnung der Fanmobilität (welche Annahmen müssen getroffen werden?) oder die erforderlichen Posten zu eingekauften Gütern und Dienstleistungen angeht (was genau muss mit reinfließen?). Das verhindert Vergleichbarkeit und bestraft die ambitionierteren Akteure. Wenn Clubs sich nämlich entscheiden, eine detaillierte und ausgiebige Bilanzierung auf Basis detaillierter Daten und Berechnungen vorzunehmen, dann werden sie eigentlich bestraft, weil sie dann wahrscheinlich mehr Emissionen entdecken, die bei anderen Clubs nicht bilanziert worden sind. In der Kommunikation ist es dann schräg, dass ein ambitionierter Club im Vergleich sehr viel höhere Emissionen aufweist. Außerdem ist es notwendig, die Daten auditieren zu lassen, was im Moment nicht verpflichtend ist. Die Bilanzierungen können deshalb fehleranfällig sein und es gibt keine Garantie, dass die dahinter liegenden Annahmen gerechtfertigt sind.
Der Schritt hin zu einer Verpflichtung ist allerdings richtig und die DFL arbeitet soweit ich weiß daran, die oben genannten Probleme anzugehen.
Was zeichnet Cognizants Partnerschaft mit dem EintrachtTech aus?
Wir sind Partner der EintrachtTech in den Bereichen „Arena of IoT“, Digitale Plattformen und EintrachtDigital. Der Bereich CO2 Bilanzierung ist ein Projekt, welches wir umgesetzt haben, um Verbesserungen in der Klimabilanz anzustoßen. Diese können nur erreicht werden, wenn es standardisierte, klar definierte Messungen der Emissionen gibt. Der erste Schritt war also die Messung der CO2 Emissionen.
Welche interessanten Ergebnisse liefert die CO2 Bilanzierung? Welche Faktoren sind besonders für Unternehmen in der Veranstaltungsbranche relevant?
Ein Fußballclub, und speziell der Spielbetrieb im Stadion, bringt eine ganze Reihe an Emissionsquellen mit sich.
Die meisten Emissionen entstehen durch Aktivitäten, die der Club nicht direkt beeinflussen kann. Dazu gehört zum Beispiel die Fanmobiliät, sprich die An- und Abreise zum Stadion. Hier stellt sich die Frage nach der Infrastruktur rund um das Stadion und die Wahl der Verkehrsmittel der Fans. Die Fanmobilität ist klar der größte Faktor.
Ein weiterer dominanter Faktor sind die eingekauften Güter und Dienstleistungen. Das schließt alles ein, was ein Club braucht, um operativ tätig zu sein. Dazu gehört z.B. der Bürobedarf, aber auch Fahrzeuge, die gekauft werden. Bei Fußballclubs spielen hier auch Merchandise Artikel eine große Rolle. Produkte, wie z.B. Trikots, haben einen hohen Anteil an der CO2 Bilanz. Die CO2 Emissionen eines Trikots z.B. berechnen wir im Bereich der Lieferkette, d.h. bereits beim Baumwollanbau oder der Herstellung von Polyester etc.
Die direkt beeinflussbaren Faktoren belaufen sich bei einem Club wie Eintracht Frankfurt auf einen geringen Teil des Gesamtwertes. Dazu gehören hauptsächlich der Gas- und Stromverbrauch, vor allem im Stadion, sowie der Betrieb des Fuhrparks. Hier kann man ansetzen, z.B. durch die Installierung erneuerbarer Energie, Wechsel des Stromtarifs, Energiemanagement im Stadion, oder der schrittweisen Skalierung von Elektroautos im Fuhrpark. Aktuell sind die Daten noch teils recht grob, besonders bei Themen außerhalb der operativen Kontrolle eines Fußballclubs. Ziel sollte hier sein, dass man in Zukunft die Emissionen detaillierter, vielleicht sogar pro Event per Knopfdruck bilanzieren kann.
Du hast eben bereits angesprochen, dass einige Daten aktuell noch auf Schätzungen basieren. Was sind die größten Painpoints der CO2 Messung?
Die Situation momentan sieht meist so aus: Auf der einen Seite hast du einen großen Anteil an Emissionen, den du nicht direkt beeinflussen kannst, wo oft aufgrund mangelnder Daten Schätzungen vorgenommen werden müssen. Auf der anderen Seite hast du einen kleineren Anteil, den du direkt beeinflussen kannst. Bei diesem kleineren Anteil gibt es generell bessere Daten, aber sie sind oft nicht detailliert genug, um Verbesserungen vorzunehmen. Im Stadion, zum Beispiel, sind vielleicht nur ein paar Strom- und Gaszähler installiert, die oft nicht digitalisiert sind. Aber Verbräuche gibt es an vielerlei Stellen. Erst wenn wir ganz genau wissen, wo und wann durch Verbräuche von Geräten und Aktivitäten Emissionen anfallen, kann man Prozesse gezielt verbessern. Oft fehlt es an Granularität. Das ist die größte Herausforderung.
Die Bilanzierung des CO2 Fußabdrucks ist Auftakt eines agilen Prozesses. Sie zeigt auf, wo Lücken sind, wo Daten noch gar nicht geliefert werden können. Zur Datenerfassung und der anschließenden Optimierung eignen sich IoT Lösungen. An relevanten Stellen kann mit Sensoren gearbeitet werden. Bei einem Fußballclub z.B. bei der Rasenheizung oder den größten Stromgeräten. So lässt sich die Betriebsdauer und -Intensität gezielt optimieren.
Wie wird der Umgang mit Technologie die CO2 Bilanzierung weiterentwickeln?
Momentan ist der Bereich der Datengenerierung für die CO2 Bilanz noch wenig reguliert. Es wird mehr Transparenz eingefordert, aus regulatorischer und aus gesellschaftlicher Sicht. In Zukunft sollten Daten mit weniger Aufwand generiert und erfasst werden. Und hier kann Technologie helfen. Ziel sollte es sein, die Aktualisierung der Daten möglichst einfach zu gestalten und so die Bilanzierungskosten zu senken. Das Thema sollte im Accounting verankert werden und es müssen IT-Infrastrukturen geschaffen werden, um geforderte Informationen schneller und in besserer Datenqualität zu generieren. Die Standardisierung und die Kontrollen werden kommen – aktuell ist der Druck zu Veränderung aber noch nicht allzu groß. Dennoch fordert die DFL die Vorlage der CO2 Bilanz bei allen Bundesliga Clubs. Die Marschrichtung ist also vorgegeben und die ersten Ergebnisse sind da. Mit den gewonnenen Einblicken kann gearbeitet werden und ich bin gespannt, wie sich das Thema entwickeln wird. Das Thema Nachhaltigkeit hat auch die Sport – und Unterhaltungsbranche voll erfasst.
Das Interview führten Angelika Leis, Christina Ress und Silvia Comida